Klärungsorientierte Psychotherapie
Entwicklung und Indikation
Die Klärungsorientierte Psychotherapie (KOP), die hauptsächlich von Prof. Rainer Sachse ausgearbeitet wurde, stellt eine Weiterentwicklung der Gesprächspsychotherapie dar. Wie der Name bereits nahelegt, stellt diese Therapierichtung viele Interventionen für die gezielte Bewusstmachung von Themen zur Verfügung. Ein solcher Klärungsprozess kann beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn wir uns „chronisch unzufrieden“ fühlen und die Quelle der Unzufriedenheit wenig oder gar nicht ausmachen können. Er kann auch dann zielführend sein, wenn wir kein Gefühl dazu haben, was wir in wichtigen Lebensbereichen (Beziehungen, Job etc.) wollen oder nicht wollen. Ein weiterer Indikationsbereich für klärungsorientiertes Vorgehen ist die Bearbeitung sogenannter Schemata. Schemata sind individuelle Erlebens- und Verhaltensmuster (Gefühle, Gedanken, Reaktionen), die durch spezifische Situationen hervorgerufen werden und sehr schnell (oft „automatisiert“) ablaufen. Oft sind nur Teile eines Schemas dem Bewusstsein zugänglich. Beispielsweise könnte ein Mensch immer dann, wenn mehrere Leute im Raum sind, bemerken, dass er schwitzt und sich seine Muskeln verkrampfen (die körperliche Reaktion) und dass er eigentlich weglaufen will (seine Handlungstendenz), und er würde dies vielleicht als Angst (das Gefühl) benennen. Wieso er Angst hat, also welche spezifischen Bedeutungen er mit der Situation verbindet, ist ihm vielleicht nur wenig oder gar nicht klar. Im konkreten Fall könnten dies Befürchtungen sein wie „Ich komme mir hier total dämlich vor“, „Die Leute werden merken, dass ich nichts zu sagen habe“, „Eigentlich glaube ich, dass mich Leute meiden werden, wenn Sie mich wirklich kennen lernen“, o.ä. Die KOP hilft dabei, solche Annahmen über sich zu identifizieren und dem Bewusstsein zugänglich zu machen.
Die Klärungsorientierte Psychotherapie ist sehr stark in verschiedenen Teildisziplinen der Psychologie verankert, beispielsweise in der Emotions- und Motivationspsychologie oder in der Kognitionspsychologie. Klärungsorientierte Psychotherapie ist, auch in Abgrenzung zur klassischen Gesprächspsychotherapie, hochgradig störungsspezifisch. Für eine Vielzahl psychischer Störungen sind in der Klärungsorientierten Psychotherapie bereits störungsspezifische Therapiekonzepte entwickelt worden, etwa für psychosomatische Störungen, Persönlichkeitsstörungen oder Abhängigkeitserkrankungen.
Vorgehen und Methoden
Für eine erfolgreiche klärungsorientierte psychotherapeutische Arbeit müssen automatisiert ablaufende Prozesse im Therapieprozess aktiviert werden. Hierbei wird die Aufmerksamkeit des Klienten explizit auf den entsprechenden Prozess gelenkt und gehalten. Das geschieht beispielsweise bei der Bearbeitung eines Schemas dadurch, dass der Klient eine belastende Situation in der Therapie nacherlebt und sich unter Anleitung des Therapeuten zugleich dabei „beobachtet“. Das Schema wird im Verlauf dieses Prozesses für den Klienten dann bewusst zugänglich.
Wenn zentrale Themen mit dem Klienten geklärt sind, können sie anschließend einem Veränderungsprozess zugeführt werden. Ziel hierbei ist es, zusammen mit dem Klienten konkrete Möglichkeiten für ein zufriedeneres Leben, eine bessere Auseinandersetzung mit seiner Umwelt usw. zu entwickeln. Dabei können alle bewältigungsorientierten Verfahren zum Einsatz kommen, die im individuellen Fall hilfreich sind, beispielsweise die der kognitiven Verhaltenstherapie.